Rechtsmittel im Strafrecht

Gegen Entscheidungen der Gerichte ist im Allgemeinen ein Rechtsmittel gegeben. Außerhalb beziehungsweise vor einer Gerichtsverhandlung ist das die Beschwerde, Urteile können mit Berufung oder Revision angefochten werden.

Eine falsche Bezeichnung des Rechtsmittels - jedenfalls durch Laien - schadet nichts. Gerichte und Staatanwaltschaften sind gehalten, den Sinn der Eingabe zu beurteilen und das Rechtsmittel entsprechend zu behandeln.

Berufung

Das Rechtsmittel der Berufung ist möglich gegen Urteile des Amtsgerichts. Die Berufung ist schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des jeweiligen Gerichts einzulegen und zwar innerhalb einer Woche nach Verkündung des Urteils. Für diese Frist kommt es auf den Eingang bei Gericht an; der Poststempel genügt nicht.

Eine besondere Form oder eine Begründung ist nicht vorgeschrieben. Die Berufung kann vom Angeklagten oder von einem Rechtanwalt als Verteidiger eingelegt werden.

Auf die Berufung hin wird das Urteil von einem Gericht der nächsten Instanz - der kleinen Strafkammer des Landgerichts - in vollem Umfang überprüft. Das bedeutet, dass eine neue Hauptverhandlung mit allen Zeugen und sonstigen Beweismitteln stattfindet. Für die Berufung, die der Angeklagte eingelegt hat, gilt das Verschlechterungsverbot: Die Strafe darf im Berufungsverfahren nicht höher ausfallen als in erster Instanz.

Auch die Staatsanwaltschaft kann Berufung einlegen. In diesem Fall der Berufungseinlegung durch die Staatsanwaltschaft gibt es kein Verschlechterungsgebot, das heißt, es kann im Berufungsverfahren sehr wohl eine höhere, aber natürlich auch eine geringere Strafe verhängt werden, als in erster Instanz.

Revision

Gegen Entscheidungen des Landgerichts ist nur die Revision möglich. Diese ist ebenfalls innerhalb einer Woche schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen. Daraufhin wird dem Verurteilten das Urteil zugestellt und er hat von diesem Zeitpunkt an genau einen Monat Zeit, die Revision zu begründen. Die Revision kann nur von einem Rechtsanwalt schriftlich oder durch Erklärung gegenüber dem Rechtspfleger des Gerichts zu Protokoll (äußerst selten) begründet werden.

Wird die Begründung nicht oder zu spät abgegeben, so muss die Revision verworfen werden.

Auch gegen Urteile des Amtsgerichts ist eine (Sprung-) Revision möglich.

Das für die Entscheidung über die Revision zuständige Gericht ist entweder der Bundesgerichtshof (BGH) oder ein Oberlandesgericht (OLG).

Wird gegen ein Urteil des Landgerichts in erster Instanz Revision eingelegt, so entscheidet der BGH.

Falls ein Berufungsurteil des Landgerichts angefochten oder gegen ein Urteil des Amtsgerichts Sprungrevision eingelegt wird, entscheidet das OLG.

In der Revision findet nicht - wie in der Berufung - eine weitere Wiederholung der Hauptverhandlung statt. Das Urteil wird nur auf logische Fehler (Verstöße gegen die Denkgesetze) oder auf Fehler in der Anwendung des materiellen Rechts oder der prozessualen Vorschriften überprüft. Als Ergebnis einer erfolgreichen Revision wird nicht etwa ein milderes Urteil oder ein Freispruch verkündet, sondern die Sache zur erneuten Hauptverhandlung an die Vorinstanz - aber dort an einen anderen Spruchkörper - zurück verwiesen.

Einspruch

Der Einspruch ist ein Sonderfall der Berufung; er richtet sich nämlich gegen einen Strafbefehl. Durch rechtzeitige Einlegung des Einspruchs (maßgebliche Frist: zwei Wochen nach der Zustellung) verhindert der Angeklagte, dass der Strafbefehl rechtkräftig wird.

Beschwerde

Die Beschwerde ist das Rechtsmittel gegen Entscheidungen, welche außerhalb einer Hauptverhandlung getroffen werden. Auch gegen Gerichtsentscheidungen während einer laufenden Hauptverhandlung ist in manchen Fällen eine Beschwerde möglich.

In vielen Fällen ist die Beschwerde nicht an Fristen gebunden, allerdings muss der Beschwerdeführer auch beschwert sein - das bedeutet, dass nicht jedermann, dem eine Entscheidung zuwiderläuft, auch ein Beschwerderecht hat.

In manchen Fällen muss eine "sofortige" Beschwerde innerhalb einer Woche eingelegt werden. In diesen Fällen weist das Gesetz aber ausdrücklich hierauf hin.

Auch gegen Entscheidungen über eine Beschwerde ist oft noch ein Rechtsmittel - die weitere Beschwerde - gegeben.

Wiedereinsetzung

Viele Entscheidungen des Gerichts sind fristgebunden, das heißt, ein Rechtsmittel dagegen muss innerhalb einer bestimmten Frist eingelegt werden. Solche Entscheidungen werden wenn sie schriftlich ergehen, zugestellt. Bei diesem Verfahren beurkundet der Zusteller den Tag der Zustellung, sodass das Gericht den Ablauf der Frist berechnen kann.

War jemand ohne sein Verschulden daran gehindert, die Frist einzuhalten - z.B. weil er sich mehrere Wochen im Ausland aufgehalten hat - so kann ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Antragsteller nach Kenntnis der Zustellung den Antrag unverzüglich stellt und die Gründe für seine Säumnis glaubhaft macht.

Wiederaufnahmeverfahren

Das Wiederaufnahmeverfahren (§§ 359 - 373a StPO) ist kein Rechtsmittel im üblichen Sinn. Es soll die erneute Beurteilung eines Sachverhalts ermöglichen, sofern erhebliche neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, welche das ergangene rechtskräftige Urteil als fehlerhaft erscheinen lassen oder falls Zeugen nachweislich gelogen haben. Die Betonung liegt hier auf dem Begriff "neu" beziehungsweise "nachweislich".

Diese Voraussetzungen liegen selten vor.

Durch einen Antrag auf Wiederreinsetzung wird die Strafvollstreckung nicht gehemmt - das heißt, der eventuell inhaftierte Verurteilte bleibt weiterhin in Haft.

Einstellungsbeschwerde

Entscheidungen der Staatsanwaltschaft können in vielen Fällen ebenfalls mit einer Beschwerde angegriffen werden.

Welche Stelle darüber zu entscheiden hat, hängt von der Art der Entscheidung ab. Es ist aber in jedem Fall ausreichend, die Beschwerde gegenüber der entscheidenden Staatsanwaltschaft vorzubringen, denn diese ist verpflichtet, sie an die richtige Stelle weiter zu leiten.

Der häufigste Fall ist sicher die Beschwerde gegen eine Einstellung des Verfahrens. Falls die Staatsanwaltschaft auf die Strafanzeige gegen eine bestimmte Person das Verfahren gegen diese einstellt, so hat sie dem Anzeigeerstatter einen begründeten Bescheid zu erteilen, in dem sie mitteilt, warum eine Anklageerhebung nicht erfolgt ist. Gegen diesen Bescheid ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben.

Auf die Beschwerde hin kann die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wieder aufnehmen (und nach Durchführung dieser Ermittlungen anklagen oder erneut einstellen) oder die Sache zur Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft vorlegen. Dort wird den Sacherhalt erneut umfassend geprüft.

Hält die Generalstaatsanwaltschaft die getroffene Entscheidung für fehlerhaft, so weist sie die Staatsanwaltschaft an, weiter zu ermitteln. Andernfalls erteilt auch sie einen begründeten (Einstellungs-)Bescheid.

Hiergegen ist ein Rechtsmittel nur dann gegeben, wenn der Anzeigende und Beschwerdeführer auch zugleich der Geschädigte ist. Diese Beschwerde richtet sich an das Oberlandesgericht und hat das Ziel, die Staatsanwaltschaft zu einer Anklage zu verpflichten (so genanntes Klageerzwingungsverfahren). Dieses kann nur noch von einem Rechtsanwalt betrieben werden, ist sehr formal und nur äußerst selten erfolgreich.