Die Hauptverhandlung und das Urteil

Die Hauptverhandlung beginnt damit, dass festgestellt wird, ob alle Geladenen auch erschienen sind.
Falls der Angeklagte nicht erscheint, kann in bestimmten Fällen gegen ihn ein Strafbefehl erlassen werden.

Wenn das nicht möglich ist, muss der Angeklagte durch die Polizei zum nächsten Termin vorgeführt werden; bleibt das erfolglos, so kann ein Haftbefehl erlassen werden, um seine Anwesenheit zum neuen Termin zu sichern.

Anschließend verliest der Staatsanwalt die Anklageschrift, dann kann der Angeklagte sich dazu äußern. Eine Verpflichtung zu einer Äußerung besteht nicht. Schweigen darf dem Angeklagten nicht als Schuldeingeständnis ausgelegt werden.

Danach wird Beweis erhoben, meistens zunächst durch Befragung der Zeugen. Die Zeugen sollen möglichst eigenständig und unbeeinflusst berichten; bleiben dann noch Fragen offen, wird nachgefragt. Zunächst hat der Vorsitzende Richter das Fragerecht, dann die übrigen Richter (soweit vorhanden), anschließend der Staatsanwalt und schließlich der Verteidiger und der Angeklagte.

Anders als im angelsächsischen Recht (und aus zahlreichen Filmen bekannt) ist der Richter nicht bloßer Schiedsrichter eines Kampfels zwischen Staatsanwalt und Verteidigung, sondern ist selbst verpflichtet, die zur Erforschung der Wahrheit notwendigen Beweise zu erheben.

Auch Staatsanwalt und Verteidigung können natürlich noch weitere Beweise vorlegen beziehungsweise deren Erhebung beantragen. Dieses so genannte Beweisantragsrecht ist sehr oft der Grund für eine lange Verhandlungsdauer, weil ein Beweisantrag nur unter sehr engen Voraussetzungen vom Gericht abgelehnt werden kann.

Nachdem die Beweisaufnahme abgeschlossen ist, erhalten die Beteiligten Gelegenheit zu den Schlussvorträgen. Zunächst plädiert der Staatsanwalt; es ist nicht ungewöhnlich, dass er einen Freispruch beantragt, wenn seiner Auffassung nach die Schuld des Angeklagten nicht hinreichend sicher festgestellt werden konnte. Ist er von der Schuld des Angeklagten überzeugt, so beantragt er eine bestimmte Strafe und begründet seinen Antrag.
Danach stellt die Verteidigung ihre Auffassung vom Ergebnis der Hauptverhandlung dar. Ein bestimmter Antrag muss von ihr nicht gestellt werden, allerdings geschieht das recht häufig.

Das letzte Wort hat immer der Angeklagte, der so die Gelegenheit erhalten soll, dem Gericht vor der Beratung über das Urteil noch vorzutragen, was ihm besonders wichtig erscheint.

Besteht das Gericht aus mehreren Richtern, so werden sich diese nach dem letzten Wort des Angeklagten zur Beratung zurückziehen. Die Beratung ist geheim und endet mit einer Abstimmung, bei der jeder Richter - auch die Laienrichter - gleiches Stimmrecht hat. Zur Verurteilung muss die jeweils erforderliche Mehrheit an Stimmen vorliegen. Liegt das Ergebnis fest, so formuliert der Vorsitzende den Urteilsausspruch (Tenor), der anschließend verkündet wird. Dem Tenor folgt eine mündliche Begründung und eine Rechtsmittelbelehrung.

Das vollständige schriftliche Urteil wird erst später niedergelegt.